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Maren Lübbke-Tidow

“Barbara Probst, Subjective Evidence”, Book Launch and Artist Talk, Kuckei+Kuckei, 20.6.2024, 19:00 Uhr

“Özlem Altın, Splitter des Realen, in: Özlem Altın, Prisma, Katalog der Berlinischen Galerie, DISTANZ: Berlin 2024  (essay, dt./en., im Erscheinen)

“Hans Hansen. Das Unbekannte – oder das Neueste und Modernste?”, in: Hans Hansen, analog, Spector Books: Leipzig 2023 (essay, im Erscheinen)

“Barbara Probst. Zusammenhänge herstellen: Fragen an das Medium, an die Bilder und an uns”, in: Eikon – International Magazine for Photography and Media Art(Wien), Nr. 126/2024, (essay, dt/en)

“Daniel Poller, Frankfurter Kopien”, für: Galerie Tobias Nähring, anl. der gleichnamigen Ausstellung, Leipzig 2024 (short essay) 

“Polyphonie weiblicher Stimmen. Zu Ilit Azoulays Arbeit Queendom. Navigating Future Codes”, in: Eikon – International Magazine for Photography and Media Art (Wien), Nr. 125/2024, (essay, dt/en)

“Ute Mahler, Werner Mahler, Ludwig Schirmer, Ein Dorf”, Buchpräsentation und Gespräch  mit Ute Mahler, Jenny Erpenbeck und Steffen Mau, Akademie der Künste, Berlin, 5.3.2024, 19:00 Uhr

Mentoring im Rahmen des Mentoring-Programms 2023/24 der Universität für Angewandte Kunst,Wien

Book Launch and Artist Talks
Maren Lübbke-Tidow im Gespräch mit Barbara Probst anlässlich des Erscheinens von Subjective Evidence, Hartmann Books: Stuttgart 2024. 
Kuckei+Kuckei, Berlin
20.6.2024, 19:00 Uhr

 

Barbara Probst, Exposure #185, Munich, Nederlingerstrasse 68, 04.21.23, 2:35 p.m., 2023.
Maren Lübbke-Tidow
Özlem Altın, Splitter des Realen
Özlem Altın, Prisma
Katalog der Berlinischen Galerie, DISTANZ Verlag: Berlin 2024 (im Erscheinen)

 

Özlem Altın, Naked Eye, 2024.

 

(…) Die Vorstellung des Sehens als ein stabiler und zuverlässiger Mechanismus wird hier befragt und stattdessen das Prozessuale aktiviert. Diese Strategie bedeutet eine Verabschiedung von einer bildimmanenten Kohärenz oder auch eines privilegierten Standpunktes, mit denen eine Szene vollkommen beherrschbar wäre – und damit ein Auflösen des hierarchischen Sehens. Im Gegenteil: Die Augen müssen sich als Organ der Sinne, weit aufgerissen wie die „Naked Eyes“, wie in einem Rehearsal immer wieder neu justieren und nach der Einheit des Seins im bildlichen Gegenüber suchen – ähnlich und doch different. Das Bild wird immer wieder neu aufgeführt. Es performt. Es erzeugt Resonanz. Immer wieder neu – und doch anders. Es ist eine Geste in einer Reihe von Gesten. (…)

 

Maren Lübbke-Tidow
Hans Hansen. Das Unbekannte – oder das Neueste und Modernste?
Hans Hansen, analog, Spector Books: Leipzig 2023 (im Erscheinen)

 

Hans Hansen, o.T. (Kodakschachtel), 2015.

 

(…) Ist „analog“ von Hans Hansen ein Projekt, mit dem der Fotograf einfach alle die Dinge vor sich und den Augen seiner Betrachter*innen ausgebreitet hat, mit denen er nun schon seit so vielen Jahren und Jahrzehnten umgeht und die für das Entstehen seiner Bilder jenseits seiner eigenen Ideen und Augen die entscheidenden technischen Hilfsmittel waren und sind? Dann wäre „analog“ gewissermaßen eine Liebeserklärung an sein Medium – und allemal dann, wenn wir die wenn auch nur verhaltenen physischen Spuren des Fotografen und damit seine physische Präsenz in den Dingen mitbedenken. Oder bietet uns Hans Hansen mit „analog“ mit nüchtern-sachlicher Geste eine Art Katalog an, mit dem zur Hand wir das Material der Fotografie (noch) jederzeit zusammensuchen und uns aneignen könnten? Schließlich droht es zu verschwinden und wer möchte schon als Analphabet der Zukunft dastehen, als den Laszlo Moholy-Nagy den Fotografie-Unkundigen beschrieb? Wie auch immer die Beantwortung dieser Frage für den einen oder anderen an dieser Stelle aussehen mag, eines wird mit „analog“ in jedem Falle klar: Nicht mehr die Wertigkeit der abgebildeten Dinge steht in diesem fotografischen Projekt im Vordergrund, sondern die Wertigkeit der analogen Fotografie selbst. Schließlich war sie einmal (…) das Neueste und Modernste, was es gab. Dieses Neueste und Modernste war kein Schnickschnack, sondern fußte auf technischen Neuerungen, mit denen wir uns wie mit keinem anderen Medium zuvor die Welt angeeignet haben. Und so lohnt es sich gerade heute, sie abzubilden, meint man Hans Hansen dazu sagen hören. Mit der Katalogisierung der Dinge des analogen fotografischen Materials jedenfalls fordert er dazu auf, seine Bestandteile genau zu betrachten, seinen Gebrauch und Nutzen zu entschlüsseln, mit ihm ein Wissen aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu retten und es für die Zukunft zu sichern – bevor die Zeugnisse und damit auch das Wissen über dieses flüchtig-vergängliche Medium nur allzu schnell unwiederbringlich verloren gehen. Hans Hansen bietet uns dazu seine neuesten und modernsten Bilder an, die wie (fast) alle seine Bilder immer auch zeitlose Bilder sind. (…)

 

 

Maren Lübbke-Tidow
Barbara Probst

Zusammenhänge herstellen: Fragen an das Medium, an die Bilder und an uns

EIKON. International Magazine for Photography and Media Art (Wien), Nr. 126/2024

Barbara Probst, Exposure #185, Munich, Nederlingerstrasse 68, 04.21.23, 2:35 p.m., 2023
Maren Lübbke-Tidow

Daniel Poller, Frankfurter Kopien

für: Galerie Tobias Nähring, anl. der gleichnamigen Ausstellung, Leipzig, 31.5. bis 16.6.2024

 

Daniel Poller, ‘Spolie: Replik einer Madonna und Replik Eckkonsole, Datierung: 2018, Provenienz: Claus Giel, Standort: Goldenes Lämmchen, Hinter dem Lämmchen 6, Farben: Akzent Gold,  Bayrischblau L 457’, 2022

 

Eine Kopie setzt immer ein Original voraus. Was bedeutet es, wenn Daniel Poller seine Werkserie mit Frankfurter Kopien betitelt und sie sich – für das Medium Fotografie ungewöhnlich genug – doch aus Unikaten zusammenfügt? Wie lässt sich dieser Twist auflösen und für ein Verstehen der Arbeit produktiv machen? Den Kontext zu dieser Arbeit zu kennen, ist eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist, die formal-ästhetischen Setzungen zu betrachten.

Zunächst zum Kontext: Er ist mit dem städtebaulichen Großvorhaben der Stadt Frankfurt zwischen den Jahren 2012 – 2018 benannt, im Rahmen dessen das im 2. Weltkrieg zerstörte Dom-Römer-Viertel mit originalgetreuen Nachbauten wiederaufgebaut wurde. Um das Areal in der Frankfurter Altstadt mit Gebäuden vor allem im Stil des Mittelalter und der Renaissance zu bespielen, wurde die brutalistische Nachkriegsarchitektur, die an dieser Stelle stand (das Technische Rathaus), abgerissen. Die vollzogene Rekonstruktion der historischen Bauwerke steht für eine restaurative und neoliberale Baukultur, die nicht nur mit einer Politik der Verdrängung einhergeht, sondern auch mit einer Ignoranz gegenübergewachsenen Strukturen im Stadtraum und der Kontingenz ihrer Geschichte. Wie fragwürdig dieser städtebauliche Ansatz ist, wird mit Daniel Pollers Blick etwa auf Details deutlich, mit denen zur Hand er ein Projekt von konzeptueller Strenge entwickelte.

Der Künstler entschied sich, seine Kamera auf die rund 60 Spolien zu richten, sie systematisch zu fotografieren und zunächst ihre Quellen zu erforschen. Spolien, das sind erhaltene originale Bauelemente zerstörter Bausubstanz, die im Prozess der Nachbildung aus ihren verstreuten Orten der Lagerung zusammengetragen und in die Neubauten integriert wurden. Mit dem Einbezug dieser historischen Bestandteile sollte sich ein Eindruck von Originalität vermitteln oder vertiefen. Das Quellenstudium Pollers allerdings – gewissermaßen seine „Rekonstrukionsarbeit“ – macht deutlich, dass sich dieser Anspruch nicht durchhalten oder vollständig einlösen ließ, da der Verbau der Spolien mitnichten am jeweils genuinen Ort erfolgte und zugleich ihre Provenienzen nicht immer geklärt werden konnten. Vielmehr setzt sich der Eindruck durch, dass die Zuordnung zum Teil willkürlich erfolgte und somit eine Art kontingente Interpretation darstellt.

Hinzu kommt Daniel Pollers kritische Durchleuchtung des „Farbleitplans“, eine Anlage zur Gestaltungssatzung der Neuen Altstadt, mit dem die Verwendung aller Farbwerte im Zuge der Rekonstruktion bindend festgelegt wurde. Bereits das Gesamtensemble der Neuen Altstadt hat der Architekturtheoretiker Philipp Oswalt – neben vielen anderen Aspekten – kritisch als eine neue Form der „Medienarchitektur“ bezeichnet, da sich seine Gestalt allein aus technischen (also fotografischen) Bildern generierte und vor allem hier ihren Bezugspunkt fand. Die Stadt Frankfurt entschied sich damit gegen einen Gestaltungsprozess, der die jeweiligen zeitspezifischen Bedarfe produktiv in städtebauliche Konzepte einspeist. Und konnten trotz einer geradezu „fotorealistischen Rekonstruktion“ der Frankfurter Altstadt bereits die Spolien nicht durchgehend an den jeweils ursprünglichen Standorten verbaut werden, so muss auch in Bezug auf die Entwicklung des Farbleitplans konzediert werden, dass dieser aufgrund einer prekären Quellenlage ähnlich spekulativ erfolgte.

Wie begegnet nun Daniel Poller diesen beiden Detailaspekten aus dem Gesamtensemble der Neuen Altstadt, die für sich allein genommen bereits von einer erstaunlichen Diskontinuität zeugen, konzeptionell? Welche formal-ästhetischen Entscheidungen trifft er? Und wie gelangt er zu einer kritischen Kommentierung dieses fragwürdigen Vorhabens einer Frankfurter Kopie? Die Betitelung der Arbeit als Kopie ist die erste folgerichtige Entscheidung, um den Charakter der Nachbildung des Dom-Römer-Areals herauszustellen. Stattdessen – gewissermaßen kontrafaktisch zur Kopie – selbst Originale bereitzuhalten, also nicht reproduzierbare fotografische Werke, beschreibt die zweite Weichenstellung. Denn der Künstler entschied sich, in die fotografischen Reproduktionen der zuvor aufgenommenen Spolien sprichwörtlich „einzugreifen“. Zunächst erfolgte dies durch mehrfaches Überdrucken der Fotografien mit den entsprechenden Farben des Farbleitplans. Zugleich hielt und zog er während des Druckprozesses am Papier. So entstanden manuelle Verzeichnungen des Ursprungsbildes. Anstatt etwas „Altes“ durch eine erneute Reproduktion zu illustrieren, griff er also performativ in den Druckprozess ein und arbeitete offensiv mit den dadurch entstehenden Kratzern, Flecken und Schnitten. So sind Unikate von hohem ästhetischen Reiz entstanden, die entgegen dem reproduzierbaren Charakter des Fotografischen nicht nur nicht mehr in der Art ihrer Erscheinungsweise wieder aufführbar sind, sondern die zugleich eine kritische Kommentierung einer Baukultur bedeuten, die auf fragwürdigen Aneignungsstrategien historischen Materials beruhen. Dadurch, dass Daniel Poller die Motive der Spolien außerdem mehrfach und in Serie überdruckte und so Bilder von ihnen in verschiedenen eigenwilligen Farbvarianten entstanden sind, verweist er auf das weitläufige und ungesicherte Spektrum ihrer möglichen Provenienzen. Nicht zuletzt lässt der Künstler in dieser Arbeit mit all diesen einerseits inhaltlich begründeten und andererseits ästhetisch überzeugenden Zugriffen die Bilder – die Unikate – zum Objekt werden. Damit stellt er ihren jeweils originalen Charakter heraus und betont die Materialität des Fotografischen. Es ist dies eine stringente Entgegnung auf einen städtebaulichen Ansatz, der mit seinem Zugang zur Rekonstruktion der Neuen Altstadt nicht zuletzt auch den Täuschungen der Fotografie erlag.

 

 

Maren Lübbke-Tidow
Polyphonie weiblicher Stimmen.
Zu Ilit Azoulays Arbeit Queendom. Navigating Future Codes
EIKON. International Magazine for Photography and Media Art (Wien), Nr. 125/2024 
Archiv Queendom im Studio von Ilit Azoulay, Berlin 2022. Foto: Ilit Azoulay.

 

Die Arbeit Queendom ist nicht nur als politisches Statement einer feministischen Künstlerin zu verstehen, die die Mythen der Männlichkeit durchbricht, sondern auch als konkreter Aktionsraum Azoulays, mit dem sie sich angesichts eines albtraumhaften kriegerischen Konflikts mit unzähligen unschuldigen Opfern mit ihren Mitteln der Verständigung aktiv positioniert. Gerade weil weite Teile des zeitgenössischen Kunstbetriebs aktuell verstummen bzw. sich der gespaltene Betrieb in Polarisierungen jeweils zu übertönen versucht, ist der Mut dieser Künstlerin und die Bedeutung der politischen Stellungnahme in Form einer Polyphonie von weiblichen Stimmen kaum zu übertreffen. (…)

 

 

 

Buchpräsentation und Gespräch
Maren Lübbke-Tidow im Gespräch mit Ute Mahler, Jenny Erpenbeck und Steffen Mau 
anlässlich des Erscheinens von Ute Mahler, Werner Mahler und Ludwig Schirmer, Ein Dorf, 1950 – 2022
Hartmann Books: Stuttgart 2024
Akademie der Künste / Pariser Platz, Berlin, 5.3.2024, 19:00 Uhr

 

 

 

Das Buch- und Ausstellungsprojekt Ein Dorf veranschaulicht Aspekte von Zeit und Wandel. Im Mittelpunkt steht das Dorf Berka in Thüringen, das über 70 Jahre hinweg von drei Generationen einer Familie fotografiert wurde: Ludwig Schirmer (1950–1960), Werner Mahler (1977/78, 1998) und Ute Mahler (2021–2022). Die Buchpräsentation gewährt auch einen Ausblick auf die für 2025 geplante Ausstellung in der Akademie der Künste.

 

Mentoring
Mentoring-Programm 2023/24
Elodie Gretchen – Maren Lübbke-Tidow
Universität für Angewandte Kunst, Wien

 

Elodie Gretchen, from the series: Oh my darling, 2023.

 

Ich freue mich, 2023/24 Elodie Gretchen im Rahmen des Mentoring-Programms der Universität für Angewandte Kunst, Wien, als Mentorin zu begleiten. Das Angewandte Mentoring-Programm stellt eine Förderung im Sinne der universitären Gleichstellung dar. Ziel ist es, der Verringerung des Frauenanteiles entlang der Karriereleiter mit zunehmender Qualifikation (Studium bis hin zur Professur) entgegenzuwirken und motivierte Nachwuchskünstlerinnen und –wissenschaftlerinnen durch einen Austausch mit erfahrenen internationalen Künstler*innen und Wissenschaftler*innen in der strategischen Planung ihrer Laufbahn und bei der Entwicklung ihrer beruflichen Karriere zu unterstützen.